20 Okt. Übersetzergedichte

Hans Christian v. Steuber beim Gedichtvortrag

 

Von der Zukunft der Sprachmittlung

Wollten wir den Medien glauben
hinsichtlich der Zukunftstrends
könnte sie den Schlaf uns rauben,
diese Kunst-Intelligenz!

Netze nutzt sie, neuronale;
mit Statistik geht sie vor
Rechenleistung brachiale
pflügt durch Text wie nie zuvor

Ja, man könnte meinen, bald
lernt man keine Sprachen mehr!
Macht Dieb L uns alle kalt,
Babelfish* den Sprechverkehr?

Übersetzer sind die letzten,
die was gegen Technik hätten
Wir sind die, die Dinge schätzen,
die uns bei Termindruck retten!

Klar ist, andre Kompetenzen
braucht die schöne neue Welt
Und das sind die Konsequenzen
denen der Verband sich stellt!

Früher gab‘s die Schreibmaschine,
später kam das Textsystem
und dann die PC-Lawine
war zunächst sehr unbequem

Röhrenmonitore strahlten
Grün auf Schwarz uns ins Gesicht
und die Nadeldrucker druckten
erstens laut und zweitens schlicht

Drei Jahrzehnte ist‘s kaum her,
dass das WWW entstand.
Mann, was ging das anfangs schwer –
bis man DSL erfand!

Seither kann man recherchieren
kreuz und quer im Internet
und das Fachgebiet studieren –
das bekommt der Qualität!

Spracherkennung funktioniert,
selbst in Word ist sie an Bord!
Tastatur wird pensioniert?
Nö, die bleibt am selben Ort.

Maschinelle Übersetzung
ist jetzt neu im Inventar.
Wie Rechenleistung und Vernetzung
bringt sie neue Chancen dar.

Ja, die Latte liegt nun höher,
das Berufsbild wandelt sich.
Schwerer hats ein Amateur,
aber Profis stört das nich!

Randbemerkung zur maschinellen Übersetzung

While the times are digital,
if your text is critical,
don’t have it machine-translated
cause you later will regret it!
Auch in digitalen Zeiten
schlagen Texte von gescheiten
Übersetzern und Autoren
das, was Google hat geboren!

Freud und Leid beim Dolmetschen und Übersetzen

 

Das Metschen ist nicht immer doll

Das Setzen hat man auch mal über

Dann gießt man sich ein Gläschen voll

(mal ist der Inhalt klar, mal trüber)

Ob Reben- oder Gerstensaft –

für heut ham wir genug geschafft.

 

Vom Unterschied zwischen Dolmetschen und Übersetzen

 

Man sollte denken, es sei hierzulande allgemein bekannt,

dass der Beruf des Übersetzers dem des Dolmetschers verwandt.

Doch selbst in anspruchsvollen Medien, die wir alle durchaus schätzen

tut man sich immer wieder schwer mit Dolmetschen und Übersetzen.

Dabei ist dieser feine Unterschied doch nicht so schwierig von Natur!

Der Dolmetscher benutzt sein Mundwerk, die Übersetzerin die Tastatur.

Und tippt der Übersetzer mit der Maschine flotte Texte hin,

so sprudelt elegante Sätze in der Kabine die Dolmetscherin.

(Dabei ist es dem einen selbstverständlich überlassen,

sich frei nach Lust und Laune mit dem andern zu befassen.)

———

Was Dolmetscher von Übersetzern trennt

Ist etwas, was kaum einer hierzulande kennt

Drum sag ich es jetzt mal für jeden:

Der eine schreibt, die andere muss reden!

Und tippt der Übersetzer ganz entspannt

mit seiner digitalen Schreibmaschine Texte hin

So spricht im schickem Business-Gewand

Voll Eloquenz in der Kabine die Dolmetscherin.

 

 

LIMERICKS

 

Ein Dolmetscher gab einmal an

er dolmetsche nur simultan –

denn konsekutiv

lief es meistens schief!

Drum hat er da recht dran getan.

——–

Ein Dolmetscher aus den Lofoten

kroch einmal auf allen vier Pfoten

in seine Kabine,

weil vorn auf der Bühne

die Redner ihn tätlich bedrohten

——–

Ein Übersetzer aus Celle

übersetzte stets auf die Schnelle

Die Resultate warn schlecht

Das hat sich gerächt

Nun fehlt ihm die Einkommensquelle.

——–

Ein Übersetzer aus Dover

übernahm ab und an auch Voiceover

doch sein Honorar

bekam er nicht bar,

stattdessen in Form eines Rover.

——–

Eine Dolmetscherin aus Deister

sah bei ihrer Arbeit oft Geister

nun, das lag wohl an

dem Schauerroman

den sie las, als sie einmal verreist war

———

Ein Dolmetsch-Kollege aus Bremen

dolmetscht aus Prinzip im bequemen

Werder-Bremen-Trikot.

Ja, er braucht das halt so!

Und das wollen wir ihm auch nicht nehmen!

——-

Ein Dolmetscher, der texten sollte,

der wollte das nicht, und er grollte

„Ich hab nicht mal einen Computer

wo nehme ich dafür den Mut her!“

Worauf er sich wutschnaubend trollte.

 

(„Das Schreiben“, so sprach vergrätzt er,

„macht besser ein Übersetzer!“)

 

 

Alle Gedichte © Hans Christian v.  Steuber

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